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Flottenbeschaffung für den Maas-Wupper-Express erreicht den ersten Meilenstein

20 neue Triebzüge des Typs Flirt 3 XL von Stadler Rail werden für den Maas-Wupper-Express von start zum Einsatz kommen. Vier Rohbau-Wagenkästen sind inzwischen fertig, aus denen nun der erste Vorserienzug entsteht.

20 neue Triebzüge des Typs Flirt 3 XL

Für den Maas-Wupper-Express, der ab Dezember 2026 Hamm in Westfalen mit Eindhoven in den Niederlanden verbindet, beschafft start im Auftrag des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) 20 neue Elektrotriebzüge. Das ist eine Premiere, denn bislang werden ausschließlich bereits existierende oder unmittelbar vom Aufgabenträger eingekaufte Flotten genutzt. Mit der Rohbaufertigung der Wagenkästen für den Vorserienzug hat der anspruchsvolle Beschaffungsprozess in diesem Frühjahr den ersten Meilenstein erreicht. Im ungarischen Szolnok begleitetet Florian vom start Flottenmanagement die Erstmusterprüfung der Rohbau-Wagenkästen. „Endlich wieder Werkstattluft schnuppern“, freut sich der Ingenieur, bei dem die Fäden des Projektes zusammenlaufen.

Flottenbeschaffungen für den Personenverkehr stellen immer eine Herausforderung dar und die Investitionssummen sind hoch. Die Konfiguration soll für den Einsatzzweck exakt passen und die Züge müssen im definierte Zeitfenster zur Verfügung stehen, damit der Betriebsstart wie vorgesehen gelingt. Für den Maas-Wupper-Express hat der Prozess bereits mit den Vorgaben der Verkehrsausschreibung begonnen. Darin legte der federführende Verkehrsverbund Rhein-Ruhr Kriterien und Qualitätsvorgaben für die neuen Züge fest. Bei Angebotsabgabe schlug start dann den extralangen Flirt 3 XL von Stadler Rail als das am besten geeignete Fahrzeug vor und legte auch schon ein Designkonzept vor. Was darin nur skizziert wurde, muss nun zum Leben erweckt werden. Das ist die Aufgabe von Florian – und dafür ist er bestens gerüstet. Vor seinem Wechsel zu start betreute er im DB-Werk Wittenberge Redesign-Programme und Fahrzeugumbauten, saß also gewissermaßen auf der anderen Seite des Schreibtischs. „Aber die Themen sind natürlich dieselben.“ Gelernt hat Florian die Schienenfahrzeugtechnik von der Pike auf. Im Werk Wittenberge hatte er bereits eine Ausbildung zum Mechatroniker absolviert, bevor er dort nach einem dualen Studium Ingenieur wurde.

Beim Beschaffungsprojekt für den Maas-Wupper-Express ist Florian vor allem eins: die Schnittstelle zu vielen Beteiligten. Das ist zum einen der VRR: start beschafft die vierteiligen Elektrotriebzüge zwar und wird sie nutzen, aber gehören werden sie dem VRR. Da sind zum anderen der Einkauf der DB und die DB Systemtechnik: Im Auftrag von start trägt der Einkauf der DB an zentraler Stelle zur Abwicklung bei. DB Systemtechnik ist im Auftrag des VRR tätig und hat das technische Controlling übernommen. Und last not least muss der Hersteller Stadler Rail das Gewünschte umsetzen und dazu wissen, wie die Züge im Detail aussehen sollen. 983 Einzelpositionen und 48 Designunterlagen umfasst allein der Anforderungskatalog für die Innenausstattung und die Informations- und Kommunikationstechnik. Jede Komponente ist darin genau beschrieben, alle Materialien sind genau festgelegt.

Einiges war schnell abgehakt, etwa der designprägende und start typische Farbton RAL 120 70 75, anderes entwickelte sich im Prozess, manches erforderte intensive Bemusterungen (fünf waren es allein für die Fahrgastsitze). Das ist ein Aufwand, der sich schon allein deshalb lohnt, weil die Sitze für ein positives Reiserlebnis besonders wichtig sind. Aber nicht nur bei den Sitzen wird der Flirt 3 XL für den Maas-Wupper-Express ein hohes Komfortniveau bieten. Da die Züge auch IC-Verbindungen ersetzen sollen, bekommen sie eine deutlich bessere Ausstattung als im Regionalverkehr üblich. So wird es an jedem Zugende ein 1. Klasse-Bereich mit verstellbaren Ledersitzen geben, ebenso zwei Toiletten pro Zug, und natürlich überall Steckdosen und USB-Ladebuchsen. Zum hohen Komfortstandard gehören darüber hinaus die tageslichtabhängige Beleuchtung, Leselampen an allen Plätzen sowie Klapptische in der 2. und Flügeltische in der 1. Klasse.

Technisch sind die neuen Züge ebenfalls anspruchsvoll. Das betrifft zum Beispiel die Mehrsystem-Ausstattung für den grenzüberschreitenden Verkehr sowie Modifikationen an den Transformatoren, um deren Zuverlässigkeit zu erhöhen. Neu ist auch ein Zählsystem der Fahrgäste, dass die technischen Voraussetzungen dafür schafft, durch Anzeigen am Bahnsteig sowie in den Medien der Reisendeninformation die Auslastung der Züge und die Verteilung der Reisenden im Zug zu steuern. Außerdem können vom Führerstand aus über Monitore die Fahrgasträume eingesehen werden ­– ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit der Reisenden.  

Noch ist das aber alles nicht so weit. Zunächst gehen die vier Rohbau-Wagenkästen von Ungarn ins Stadler-Werk nach Berlin-Pankow, damit aus ihnen der erste Vorserienzug wird. Im Herbst soll er auf der Schiene stehen, um auf Herz und Nieren getestet zu werden. Drei weitere Vorserienzüge werden 2024 folgen. Die Serienfertigung der verbleibenden 16 Züge soll im vierten Quartal 2025 anlaufen. Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2026, dem Betriebsbeginn für den Maas-Wupper-Express, bleibt dann noch mehr als ein Jahr. Ein realistischer Zeitplan, nicht auf Kante genäht und mit genügend Luft auch für die Schulung des Bord- und Werkstattpersonals. Eins ist sicher: Damit die Züge nicht wie geplant zur Verfügung stehen, müssten schon völlig unvorhersehbare Dinge geschehen.